Introducing...

„Introducing…“ gehört seit der ersten Ausgabe des Performing Arts Festival Berlin zum festen Bestandteil des Programms und ist jedes Jahr für eine Überraschung gut. Schließlich bringen die Newcomer*innen der Freien Szene immer wieder neue Themen und Ästhetiken, Fragen und Kritik mit. In diesem Jahr war das Interesse besonders groß: Über 200 Nachwuchskünstler*innen und Kollektive haben auf den Open Call reagiert, mit dem Wunsch, ihre Perspektiven Publikum und Häusern vorzustellen und in Austausch zu treten. Denn die Teilnahme am Festival bietet den Teilnehmenden nicht nur Sichtbarkeit, sondern auch Möglichkeiten zu Beratung und Vernetzung bei ihrer Arbeit.

In Kooperation mit den Spielstätten Ballhaus Ost, HAU Hebbel am Ufer, Sophiensæle und TD Berlin wurden vier Produktionen ausgewählt, die diese Festivalausgabe bereichern.

Sarah Ama Duah beschäftigt sich in der fortlaufenden Serie „to build to bury to remember“ mit der Dekonstruktion von Denkmälern und entwickelt Hybridformen zwischen Skulptur und Körper. Dabei lädt sie weitere Performer*innen ein, gemeinsam den fetischisierten Status des historischen Monuments zu reflektieren, indem ihre Körper alternative, temporäre Denkmäler mit Latex formen. Die Besucher*innen können sich frei im Raum positionieren und sich den Fragen nach Formen bildhauerischer Wertschätzung stellen: Wem wollen wir diese widmen und was widmen wir eigentlich? Wie mit der Leerstelle umgehen, die bleibt, wenn ein Kolonialdenkmal abgerissen wird?

Auch in „we are all made of stars” wird ein neuer Blick auf Körper herausgefordert. Freddie Wulf nimmt das Publikum mit auf eine Reise durch den Körper als lebendige Landschaft, ein Ökosystem, das sich ständig wandelt. Mit einer Endoskopkamera erkundet der Künstler in einer Badewanne die Texturen von Körper, Wasser und Pflanzen in Nahaufnahme, bis sich eine kosmische Landschaft vor unseren Augen entfaltet. Inspiriert von Philosophien des vitalen Materialismus, behandelt die Performance Wohlbefinden, Verkörperung und Selbstwahrnehmung aus transmännlicher Perspektive.

Das Kollektiv what about: fuego reinszeniert mit „Kriegsrahmen“ 34 ikonische Fotografien von Kriegen und Konflikten der Welt, ohne die Originale zu zeigen. Jedes Bild entspricht einem Ereignis zwischen den Jahren 1989 und 2023 – vom Geburtsjahr der Performerin bis heute. Die Bühne verwandelt sich in ein Labor, in dem Fotografien menschlichen Leidens hinterfragt und dekonstruiert werden. Wie entsteht Krieg in unseren Köpfen und was macht es mit uns, das Leiden anderer zu betrachten?

Salma Said und Miriam Coretta Schulte betrachten Geschichte mit Blick auf die Zukunft und stellen genauso große Fragen in „behind your eyeballs“: Wie kann ein Archiv lebendig werden? Kann es zu einem Zeitloch werden, durch das hindurch wir in neue Zukünfte gelangen? Das Publikum ist eingeladen, durch Zeiten und Räume zu reisen, wenn die beiden zwischen Videoprojektionen und Autoreifen spielerisch das subversive Videoarchiv 858 der ägyptischen Revolution von 2011 sowie die Potenziale choreografischer Erinnerungstechniken erkunden.

Alle Introducer*innen hinterfragen in ihrer individuellen Ästhetik die Automatismen, mit denen wir die Welt, ihre Umstände und Körperlichkeiten einordnen. Wir freuen uns darauf, Euch diese ungewöhnlichen Nachwuchskünstler*innen beim PAF vorzustellen!

 

Dürfen wir vorstellen...